Saturday, August 10, 2024

Vom Zusammenbruch der Realität und der Moral, seltsamen Straßenkindern und einer wachsenden Abneigung gegen Fey.

 Tag 34 bis 41 in Dis

Die Hoffnung bald am Ziel zu sein erfüllt sich absolut nicht, die gewundenen Straßen mit ihren Myriaden verschiedenen und sich doch scheinbar ständig wiederholenden Mustern und meilenhohen Gebäuden aus verschiedensten Materialien von schwarzem Eisen bis zu lebenden Knochen drücken auf die Seele, während man tagelang tiefer und tiefer in den urbanen Alptraum abtaucht. Alviss und Sirasi führen die Gruppe, neben der Orientierung sind auch Wissen über die Ebenen und die Ränke der teuflischen Adelsgeschlechter gefragt, mehr als einmal entgeht die Gruppe nur knapp einer Konfrontation, oder kann sich nur durch äußerste Redegewandtheit davor bewahren, in ein infernalischen Komplott gezogen zu werden.

Am „Abend“, oder dem was hier dafür durchgeht, übernachtet man in diversen exotischen Lokalen, die sich doch alle auch langsam irgendwie ähnlich anfühlen. Das Lächeln der Erinnye, der ewige Kontrakt, die güldenen Fährmänner, das Styxloch, und wie sie alle so heißen, laden den Reisenden zum Verweilen ein. Ständig auf der Hut sein vor Angriffen und möglichen Auftraggebern, die noch mehr von der kostbaren Zeit der Helden stehlen wollen, das laugt aus. Nachts liegt man in verschiedenen Bettstätten, von aus flüsterndem Holz geschnitzten Himmelbetten bis zu Golemwiegen, die einen in den Schlaf schaukeln, alles absolut fantastisch und genug um den durchschnittlichen Bauer in Rashemen sofort in den Wahnsinn zu treiben, und doch verschwimmen sie alle zu einem einzigen Wirbel aus vielfältigen Eindrücken

Ein paar Zwischenfälle heben sich dennoch aus dem Reisetrott hervor:

An einem Tag begegnet der Gruppe auf einem breiten Boulevard, wo Bittsteller in langen Kettenbanden vorbeigetrieben werden und Jannis mit Efreeti verhandeln, auf einer Kreuzung einen hageren Kerl, mit einem langen geflochtenen Zopf, und rötlichen Augen, der sich panisch auf der Flucht befindet. Als er Arinar erblickt, hängt er sich verzweifelt an seinen Mantelsaum und fleht um Schutz, im Gegenzug für alles Mögliche. In der Ferne erklingt eine Abfolge aus Donnergrollen, und der Boden vibriert. Es blitzt und kracht wie bei einem herannahenden Gewitter, und der Gejagte hat laut den magischen Sinnen der Anwesenden ein Mal der Gerechtigkeit auf sich. Das kann nur eines bedeuten: Ein Unvermeidbarer rückt an, eines der Konstrukte, die Jagd auf Sterbliche machen, die ihr Leben unnatürlich verlängern. In dem Moment kommt das Konstrukt auch schon in Sicht, ein riesiger Humanoider aus poliertem schwarzem Stein, gekleidet in eine glänzende Bronzene Rüstung, und umspielt von Blitzen.

Nach dem Grund gefragt, warum sich so etwas für ihn interessiert, stellt sich der Gejagte als Zeuzeron der Chornische vor, und er ist komplett missverstanden, er hat doch nur den paar unwichtigen Bettlern die Lebensenergie geraubt um sich ein paar Jahrhunderte zu erkaufen, die waren nicht wichtig, nein, die hattens verdient! Arinar starrt ihn verächtlich an, streift seine zitternden Hände von seiner Robe und macht gemeinsam mit den anderen einen großen Schritt zur Seite. Zeuzeron flucht und flieht, dicht gefolgt von dem Marut, dem die Gruppe noch mehr Platz bietet. Er würdigt die meisten um ihn herum keines Blickes, während er erhaben durch die Menge streift, was es umso beunruhigender macht, dass er kurz den Kopf dreht und seinen aktinischen Blick für einen Herzschlag auf Aline verweilen lässt, der es kalt den Rücken runter läuft. Dann ist er weg, und lässt außer leichten Brandspuren am Boden nur den Geruch nach Ozon zurück. Während sich die Gruppe noch zum gehen wendet, ertönt hinter ihnen ein Donnerknall ohrenbetäubenden Ausmaßes, und ein Blick zurück offenbart einige Dutzend Teufel die sich fluchend blutende Ohren halten und die Augen zukneifen, sowie einen verbrannten Fleck mitten auf der Allee. Was auch immer Zeuzeron für ein Schicksal hat, es hat ihn hier und heute eingeholt.

Irgendwann rund um Tag 40 hebt sich die Straße und steigt hunderte Meter in den Himmel, wodurch sich eine atemberaubende Aussicht auf die verworrenen Straßen ergibt, die sich bis zum physikalisch unmöglich weit entfernten Horizont ziehen. Egal wo man ist, der schwarze Turm im Zentrum der Stadt ist immer zu sehen. Der Himmel wimmelt ebenso vor Aktivität wie der Boden, große Inseln mit ganzen Stadtvierteln darauf driften durch den Smog, mannigfaltige Wesen wie Magmadrachen und riesige Teufel ziehen ihre Kreise zwischen den Rauchsäulen, und überall stehen Statuen des Herrschers der Stadt, Dispater, von wenige Zentimeter großen Ikonen in Mauernischen bis zu hunderte Meter hohen Monumentalbildern, und allesamt starren sie jeden Vorbeikommenden paranoid und misstrauisch an. Das ist keine Illusion der Steinmetzkunst, sondern höhere Magie. Die Statuen drehen tatsächlich jede den Kopf und jede starrt jeden persönlich an. Manche setzen sogar eine extra abschätzige Miene auf.

Tag 41 in Dis

Die Straße fällt steil ab, bis knapp unter das vorherige Bodenniveau, was sie sich mit den Kanälen der Stadt überschneiden lässt. Überall sind eiserne Gitter aus denen ätzende Dämpfe aufsteigen, und manchmal führt die Straße selbst nur knapp über Kanälen voller Säure dahin. Nur dank schützender Magie entgehen die Helden schlimmeren Atemwegserkrankungen, womit sie mehr Glück haben als viele Bewohner der Stadt, überall husten und wimmern Bittsteller und Lemuren, und mehr als einmal ertönen qualvolle Schreie, gefolgt von bösartigem Lachen, wenn einige Teufel sich einen Spaß daraus machen, ein Opfer in die Säure zu werfen.

In dieser heimeligen Umgebung sichten die Helden immer wieder dieselbe Gestalt. Ein kleiner, leichenblasser Menschenjunge, von der Hüfte abwärts gekleidet in reich bestickte Brokathosen und teure Schnallenschuhe, gepaart mit einem Hemd das aus kaum mehr als Lumpen besteht. Immer wieder beobachtet er die Gruppe, mal von einer Seitengasse aus, mal von einem nahen Dach. Das macht die meisten Helden etwas neugierig bis misstrauisch, nur Aline und Ulgan sind mit sich selbst beschäftigt und reden über Tymora, in deren Glauben Ulgan sich mit Alien verbinden will, und zwar in Geist und Körper. Wenn sie das nicht will, dann macht er das alleine. Diese Aussage ist zwar auch verwirrend, Alviss versucht aber trotzdem lieber herauszufinden, was mit dem Jungen ist. Der Versuch seine Gedanken zu lesen gibt dem Ermittler einen Fall von massiver magischer Migräne, als entweder der Junge selbst, oder eine Macht die ihn schützt, den Kontaktversuch sehr abrupt abbricht. Alle Versuche das Balg magisch oder optisch festzunageln, schlagen fehl. Immer wenn man sich ihm zuwendet oder versucht ihn zu erreichen, passiert etwas. Hier tritt kurz ein Passant zwischen ihn und die Helden, dort weht eine Nebelschwade vorbei, immer ist der Junge verschwunden.

Gegen Mittag macht man Pause in einem Straßenimbiss, und bestellt eine Runde des stärksten Kaffees, den die Höllen zu bieten haben. Dann macht die Gruppe magische Forensik sich ans Werk und wälzt Ideen. Viele Anhaltspunkte hat man nicht. Es könnte ein Illusionszauber sein; ein Phänomen, dass den Straßen von Dis eigens ist und keine höhere Bedeutung hat; ein spezieller Spezialteufel, der sich einen Spaß macht; es könnte aber auch Dispater persönlich sein, der die Gruppe ausspioniert. Ein Hinweis von Kyrol, dass das alles die Auswahl nicht wirklich einschränkt wird nicht gerne gehört.

Bis zum Abend wird der Junge vielfach gesichtet, Versuche ein Muster zu erkennen schlagen ebenso fehl, wie Versuche sein Erscheinen irgendwie zu erzwingen. Am Abend kehrt die Gruppe im selben Gastropub ein wie gestern, dass sich nur mittlerweile an einer anderen Stelle befindet. Alle sind sich einig, dass die Hölle mittlerweile wirklich höllisch nervt. Sirasi merkt an, man könnte auch einfach auf das Buch verzichten und wieder nach Rashemen zurückkehren, was zwar allen irgendwie als Idee gefällt, aber viel harte Arbeit zunichte machen würde und außerdem eine Chance von mehr als Null hat, dem Feind ein übermächtiges Artefakt zu überlassen, mit dem er den gesamten Norden mit Finsternis und Dämonen überziehen kann. Also kneifen alle die Augen zu und den Hintern zusammen und schwören noch weiter durchzuhalten.

Tag 42 in Dis

Wo sie am Vortag noch Scherze ohne Ende getrieben und sogar Pläne für weitere Eskapaden geschmiedet haben, sind Aline und Arinar an diesem Tag hohläugig und lustlos. Alles ist irgendwie sinnlos und obwohl sie sich zum Frühstück schleppen, mehr als Nahrungsaufnahme zur Energiegewinnung ist das nicht, was Angesichts des transplanaeren Buffets fast Frevel ist, allein die Omlettes stammen von sechzehn verschiedenen Spezies von nicht weniger als acht Ebenen.

Sirasi kuriert das Seelenleid der Beiden, aber die Episode hat alte Wunden bei Aline aufgerissen, sie sehnt sich nach ihrem Schwert, das nach wie vor von Arinar verwahrt wird. Es entspinnt sich eine längere Diskussion, in der sich Arinar zurückhält, und Sirasi einer eher sturen Aline sanft versucht klar zu machen, das sie einsieht dass Aline selbst der Meinung ist, die Sache unter Kontrolle zu haben und das man ihr mit dem Schwert vertrauen kann, sie ihr das Schwert aber ungefähr so gerne überlassen würde wie einem alkoholsüchtigen Barbaren den Schlüssel zum Jhuildschrank. Aline ist darüber wenig erfreut und eher uneinsichtig. Aber bevor die Situation sich verschlimmern kann lenken Arinar und Alviss Aline vorerst ab, und die Truppe zieht weiter. Gegen Mittag passieren alle einen Platz, wo hunderte Meter lange Girlanden aus Schädeln eine Art Luftburg bilden. Obwohl alles sehr mysteriös und ominös aussieht, kann sich keiner so wirklich einen Reim draus machen.

Der Junge erscheint auch immer wieder, und er interagiert tatsächlich vage mit der Gruppe. Immer wenn er im Blickfeld eines Gruppenmitglied erscheint lächelt er, winkt, oder gestikuliert in die Richtung der Gruppe. Er erscheint schließlich am Eingang einer Gasse und winkt Sirasi näher, doch während sie noch alle überreden will ihm zu folgen, verschwindet er wieder.

Aline beruft an dieser Stelle eine Abstimmung ein. Wenn das Balg sich wieder zeigt, ihm folgen ja/nein? Die Abstimmung ist eindeutig, alle sind dafür außer Kyrol. Und Aline.

Tag 43 oder auch 44 in Dis, an dieser Stelle beginnt sogar die kalendarische Zeit etwas schwammig zu werden.

Nach mehr als einem Monat erzwungenem Sightseeing in der Hölle erreicht die reichlich abgekämpfte Truppe eine noblere Gegend, erkennbar an mehr Gold- als Eisenbeschlägen, und die gemarterten Seelen an den Wänden tragen sauberere Lumpen. An einer stelle teilt sich die Straße an einem absurd schmalen, keilförmigen Gebäude das wie ein Reißzahn in die Höhe ragt, und just an dieser Stelle gibt es eine schmale Seitengasse, wo diesmal alle den gut beschuhten aber schlecht behemdeten jungen Mann manifest sehen und ihm eiligst folgen, Alviss, und Aline voran, gefolgt von Arinar, Sirasi und Ulgan, mit Kyrol als Rückendeckung. Mit einem Mal baut sich aus dem Nichts eine Wand aus dem Boden auf, so rasant, dass der Wind an ihr vorbeirauscht, und so abrupt, dass Arinar mit einem unangenehmen Knirschen dagegenläuft und sich die Nase hält. So plötzlich von Aline getrennt agiert Arinar uncharakteristisch entschlossen, spricht auf alle Anwesenden einen Flugspruch (auch auf den widerwilligen Ulgan) und versucht mit seinen Gefährten die Mauer zu überwinden, die sich schier unendlich zwischen den beiden gigantischen Türmen emporhebt.

Während das magische Gänsegeschwader agil die Lüfte über Dis unsicher macht, stehen Aline und Alviss in einer kleinen Sackgasse dem Jungen gegenüber, der ihre Namen kennt und sich mit spitzer Stimme als Jack vorstellt. Er deutet an, dass er der vom Archon Angekündigte ist, der am Erfolg der Helden interessiert ist, oder diese Parteien zumindest repräsentiert, oder selber ist, oder auch nicht, oder alles ist eine Lüge. Lustig, diese Ränkespiele. Für den kleinen Betrag von läppischen fünf Münzen aus Gold, von der materiellen Ebene, vom Ort Faerun, will er Informationen preisgeben. Die Münzen klimpern in die kleine, recht kalte Hand, und Alviss macht einen letzten Versuch die vermeintliche Illusion zu durchschauen, was ihm einen weiteren magischen Migräneanfall und ein zwischen Mitleid und Selbstgefälligkeit schwankenden Gesichtsausdruck von Jack beschert.

 

Der lässt die Münzen in seiner noblen Hosentasche verschwinden, und erwähnt, man solle sich nach Nadra umhören. Dann ertönt hinter den zwei Helden ein Knirschen, weshalb sie sich kurz umdrehen. Die Wand hinter ihnen ist so plötzlich verschwunden wie erschienen, ebenso wie Jack. Die magische Flugstaffel landet wenige Minuten später, und während Alviss einer sehr interessierten Sirasi, einem ebenso interessierten Kyrol und einem eher teilnahmslosen Ulgan erklärt was passiert ist, umarmt Arinar seine geliebte Aline, was sie erwidert, und die beiden wollen sich gar nicht mehr loslassen.

Nach weiterer Reise erreicht die Gruppe den gigantischen Dreihornplatz, der so benannt wurde, weil sich hier die lokale Hauptstraße in drei Alleen aufspaltet. Bei einer unendlichen Anzahl an Plätzen gehen einem wohl irgendwann die Ideen aus. Niemand will Alviss und Kyrol konkret helfen, bis sie in einem stinkenden und heruntergekommenen Zirkuszelt auf den stinkenden und heruntergekommenen Redcap Riggerdigger treffen, der durchaus sagen kann wo man Nadra findet. Er will dafür Geld, oh ja, seltenes Münzen aus wertvollem Metall, er will…KUPFERMPNZEN: Arinar ist nach dieser etwas antiklimatischen Offenbarung etwas frech zu der unglaublich cholerischen Fey, die ihn gleich mit ihrer Sense sezieren will. Der Elf teleportiert sich mit einem Schulterzucken davon, was Kyrol und Alviss die Möglichkeit gibt, den grantigen Kappengesellen zu beschwichtigen. Nach einigem Herumgefrage findet sich eine Wechselstube, und ein etwas verwunderter Teufel gibt Alviss und Kyrol zu einem ziemlich miesen Wechselkurs einige dutzend Kupferstücke aus einem Land von dem weder Kyrol noch Alviss etwas gehört haben, was ihm Fall von Alviss bemerkenswerter ist.

Zurück beim Redcap lässt dieser sich die Ware zeigen, er ist zufrieden, und nimmt sich jede Münze einzeln aus Alviss am Ende etwas tauber Hand, um sie dann einzeln und nach Begutachtung in seinen Beutel zu stecken. Er erzählt, dass Nadra eine von drei Vetteln ist, die einen Zirkel bilden, dessen Basis am Bazaar der Seelen liegt. Averdewa, eine Festung aus magischen Dornenranken. Die drei sind Nadra, eine grüne Vettel, Hildegrell, die größte und fetteste Annisvettel des Multiversums (aber sagt ihr das bloß nicht und starrt sie bloß nicht an!!) und Cyridea, eine Nachtvettel. Riggerdigger hat gesagt, was er sagen wollte, und entlässt die beiden Helden noch mit dem Kommentar, dass man mit den Redcaps an der Festung nicht spaßen sollte. Eine Information die von einem Redcap kommt, weshalb Alviss sie sehr ernst nimmt und Kyrol ihr sehr hinterfragt. Man hat unterschiedliche Herangehensweisen mit Fey.

Am Abend bespricht man sich, und angesichts des bevorstehenden Besuches eines der größten und vielfältigsten Markplätze des Multiversums werden die Reichtümer aufgeteilt, und nochmal ordentlich geschlafen.

 Tag 45 und 46 in Dis. Wahrscheinlich.

Nach dem Frühstück holen die Helden Informationen über den Bazaar ein, der so wie alles andere in Dis regelmäßig den Aufenthaltsort wechselt. Momentan ist er unterirdisch, was es notwendig macht sieben lange Stunden durch Keller, Kanäle und Katakomben zu wandern, bis schreiende Seelen in den Wänden ankündigen, dass der Bazaar knapp voraus ist (und einige sehr gute Angebote hervorheben).

 Der Bazaar der Seelen ist, wie erwartet, ein einmaliger Anblick. Angelegt wie ein gigantisches Amphitheater erstreckt er sich meilenweit vor den Helden. Hunderte, tausende oder vielleicht sogar hunderttausende Stände bieten alles an von gebrauchten Brokatgewändern der Zulkir bis zu psionisch aktiven Knochenschnitzereien aus Athas, wo auch immer das sein soll. Angehörige jeder bekannten und vieler unbekannten humanoiden und quasi-humanoiden Rassen der Ebenen wandern durch die langen Gassen und handeln mit allem erlaubten und verbotenen, dass man sich nur vorstellen kann. Es ist auch ein hoher Tag, der Nuntio von Dispater persönlich, Titivilus, gibt sich die Ehre und flaniert schwer bewacht durch die Stände. Da Dispater sich immer mehr in seine Gemächer zurückzieht, nimmt an seiner statt sein Botschafter und Herold die öffentlichen Termine wahr, und heute lässt er sich mäßig interessiert die Höhepunkte des Bazaars zeigen, umschwirrt von dutzenden Leibwächtern und Hunderten Bittstellern, niederen wie höheren Teufeln und nervösen Händlern. An einer fernen Wand erspäht Alviss mit Kyrols Fernglas auch Averdewa, die Festung der Vetteln, die wie eine hundert Meter breite Zyste aus Dornen an der Wand der Kaverne hängt.

Aber zuerst wird ausgiebig eingekauft. Viel Geld von der materiellen Ebene wandert in planare Hände, im Austausch gegen mächtige Gegenstände und Vorräte, denn durch den hohen Besuch angespornt gibt es viele Sonderangebote auf Nekromantie, Veränderungsmagie und Hervorrufung. Die Einkaufstour dauert fast eineinhalb Tage, und es wird nach Herzenslust gefeilscht, gebummelt und gehandelt. Zwischendurch besinnt man sich am zweiten Tag bei der traditionellen Frühstückkonferenz darauf, warum man auch hier ist. Der Eintritt in die Bibliothek verlangt Seelenmünzen, Geheimnisse oder einen Kontrakt. Arinar ist das mit den Seelenmünzen moralisch zuwider, er geht auf die Suche nach einem Geheimnisse. Der Rest findet einen Händler der billige Seelenmünzen verkauft, von verlotterten und verkommenen Sterblichen, die sich das Schicksal selbst zuzuschreiben haben. So versuchen die anderen ihr Gewissen zu beruhigen, ganz unrecht hat Arinar ja auch nicht.

Tag 47 in Dis

Nach ausgiebigem Handel nähert man sich mit einem mulmigen Gefühl der gewaltigen Dornenwand. Wo sonst reges Treiben herrscht und sich die Händler fast niedertrampeln, um ihre Waren feilzubieten ist der Platz vor den Toren von Averdewa wie leergefegt. Der zuständige Imp klemmt sich seinen Besen unter den Arm und gibt Fersengeld, als er die Helden sieht, und somit sind sie komplett alleine.

Bis auf die Redcaps, die man auf den Wehrgängen erahnen kann. Und es ist ihnen langweilig. Die Helden verlangen eine Audienz mit den Vetteln, als das nicht ernst genommen wird erbitten sie eine. Die Redcaps sind durchaus angetan, aber zuerst wollen sie Kunststücke sehen, belustigt werden, Handstände sollen die Helden machen, Räder schlagen und ähnlichen Blödsinn. Kyrol und Sirasi haben das seit der Konfrontation mit Riggerdigger kommen sehen, der Bande ist einfach stinklangweilig und sie nutzen ihr minimales Modicum an Macht aus. Der Rest der Gruppe tut wie geheißen, offenbart teilweise sehr mangelndes akrobatisches Talent, und machen sich auch sonst zu Narren. Arinar soll etwas beschwören, tut wie ihm geheißen, was 10 Minuten dauert. 10 Minuten übersteigen die Aufmerksamkeitsspanne der stumpfsinnigen Feen um ungefähr 9 Minuten und 45 Sekunden, also sind die meisten Weg, als das schattenhafte Pferd erscheint. Die wenigen die noch da sind, sind immerhin erfreut genug um zu lachen wie Idioten.

Irgendwann haben sich die Anwesenden genug erniedrigt, und das Tor geht auf. Drinnen lungern die Redcaps in kleinen Gruppen herum und geben sich ihren Lieblingsbeschäftigungen hin. Also ungeschickt magisch scharf gehaltene Sensen schärfen, mit dreckigen Lumpen die Flecken auf den dreckigen Eisenstiefeln hin und her schieben, vergleichen wer die roteste und/oder stinkigste Kappe hat, Ohrenschmalz ernten, Läuse aus schütteren Bärten ziehen und verspeisen, solche hohen Dinge eben. Ein Redcap namens Drongo oder auch Ringo, welchen Unterschied macht es, behauptet in einer absurd offensichtlichen Lüge, dass man ruhig reingehen kann in den Thronsaal, Hildegrell hat ihr Mahl soeben beendet und die drei empfangen jetzt Gäste. In Wahrheit ist der gegenwärtige Zeitpunkt sicher der schlechteste zum Reingehen, soviel weiß Alviss über Vetteln, also sucht man sich eine Ecke wo die Redcaps einen halbwegs in Ruhe lassen.

Die Gruppe lässt den Blick über den unregelmäßig geformten und weitläufigen Hof der Festung schweifen. Außer knapp 50 Redcaps sieht man noch einige Finstere Schleicher und andere verdorbene Fey. In einer Ecke ist ein Feenportal um das etwas gewunden ist, dass irgendwie aussieht wie ein in die Länge gezogener Satyr. Auf Kyrols Frage wohin das Portal führt antwortet der möglicherweise dümmste der Redcaps, der abgestellt wurde um die Helden zu bewachen „Na ins Feywild“ und sieht Kyrol dann an als wäre er der größte Idiot der Ebenen. „Wo ins Feywild?“ – „Geht dich nichts an!“ Code für: Ich habe keine Ahnung. Also wird weiter gewartet. Irgendwann erscheint ein fliegender Schädel im Hof, umspielt von blauen Flammen. Er erblickt die Helden und schwebt knapp über dem Boden schnell auf sie zu, wobei er mehreren halbherzigen Tritten von Redcaps ausweicht wie ein geprügelter Hund. Aus der Nähe wird offensichtlich, dass wohl öfters ein Tritt sein Ziel gefunden hat, dem Schädel fehlen einige Zähne. Die will er auch zurück, so viel eröffnet der Schädel namens Barnabas den Helden nach kurzem Smalltalk. Er gehört den Vetteln, als der Schädel, und könnte ein gutes Wort einlegen, versprochen! Alviss ist einvertanden, rekrutiert die anderen und versucht die Zähne zu finden. Blöderweise sind diese wohl beim Anführer der rotkappigen Brigade, der seinen Posten dadurch erhalten hat, dass sein IQ immerhin ganz knapp zweistellige Bereiche verlassen hat, und sein Geduldsfaden kürzer ist als sein verstümmelter Daumen. Avliss Versuch, es mit logischen Argumenten zu versuchen endet fast in einer Massenschlägerei, als der kleine Despot sich aufplustert wie der Gockel auf dem Misthaufen, weil er nicht über die Zähne reden will. Kyrol kann die Sache grade noch entschärfen, schmiert dem Kerl etwas Honig ums Maul und wird für seine Mühen noch ordentlich beschimpft. Immerhin kann er dadurch den Kerl und seine Bande lange genug ablenken, damit Sirasi und Arinar erkennen, dass die restlichen Redcaps recht geschickt einen kleinen Beutel weiterreichen. Kyrol wird darauf aufmerksam gemacht als der Anführer der Fey weggeht um zu machen was auch immer Redcaps in ihrer Freizeit machen, vermutlich kleine Tiere foltern. Der Schurke kennt das „Fang den Beutel“ Spiel zu Genüge und sieht zu, bis das Ding bei einem niederrangigen Redcap landet, der damit davonwandert. Wenig überraschend ist es Drongo, der in der Hackordnung der Wesen wohl wirklich weit unten steht.

Alviss offenbart Kyrol in einem unbeobachteten Moment, dass er Redcaps zutiefst verabscheut, und die Bande am liebsten samt und sonderns abstechen würde. Ein einzelner Redcap wäre kaum eine Herausforderung für Alviss, auch im Zweikampf, aber fünfzig Stück sind ein Problem, dass wissen alle, also wird man gute Mine zum dummen Spiel machen müssen. Er bietet Kyrol an, ihn entsprechend magisch zu unterstützen, damit er den Beutel stehlen kann. Taschendiebstahl ist Kyrol absolut zuwider, einerseits weil es etwas für dahergelaufene Straßendiebe ist, und ein solcher war er nie, und andererseits, weil er es mangels Erfahrung schlicht nicht sehr gut kann. Trotzdem, geleitet von Magie und dem Schicksal nimmt er dem Redcap den Beutel in einem unbeobachteten Moment ab, als dieser gleichzeitig in der Nase bohrt und irgendwas in seiner Hose sucht, wodurch er hauptsächlich damit beschäftigt ist seine Sense nicht fallen zu lassen.

Der Beutel enthält die gesuchten Zähne und eine ausgeweidete Maus. Barnabas kann nach etwas Widerstand überzeugt werden nicht mitten auf dem Hof zu schweben und wird wieder mit seinen verlorenen Schmelzgebilden vereint. Er ist so glücklich, dass seine Flammen hoch und in mehreren Farben lodern, dann will er die Helden sofort zu den Hags bringen, denn er schuldet ihnen ja jetzt etwas und eine Hand wäscht die…nicht vorhandene, was auch immer.

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