16.04-22.04.1361
Die Vorbereitungen dauernd
dann doch etwas länger, was angesichts der Wichtigkeit des Rituals aber in Kauf
genommen wird. Areel geht in die Schmieden der Zwerge und fertigt sich einen
kunstvollen Opferdolch, analog zu denen der restlichen Gruppe. Außerdem
verbringt er viel Zeit im Zwiegespräch mit der alten Jukhav, größtenteils geht
es darüber, was man denn nun wann wie und wo abschneiden muss.
Sofern er bereit ist, es
selbst zu vollbringen, sollte der kleine Finger reichen, meint die
Geisterkundige schließlich. Areel willigt ein, und noch am selben Abend findet
er sich festlich gekleidet wieder in der Feuerhalle. Er geht mit bedachten
Schritten zu einem kleinen Opferaltar, wo ein silbrig glänzendes Rasiermesser
bereit liegt. Er hebt es auf und, ohne eine Miene zu verziehen, zieht er es
mehrmals präzise durch das Fleisch am ersten Knöchel des kleinen Fingers seiner
linken Hand. Das Blut sprudelt aus dem Schnitt hervor, und erste große hellrote
Tropfen fallen zu Boden, doch der Aasimar behält sein Bewusstsein und seine
steinerne Miene, denn er ist noch nicht fertig. Er legt seinen fast
durchtrennten Finger auf den Altar, fixiert ihn mit der anderen Hand, holt noch
einmal tief Luft und hebelt seinen linken Arm mit aller Kraft nach oben, was
den Knochen im Finger mit einem knappen feuchten Knacken brechen lässt, und den
Finger endgültig von seinem Körper trennt. Ein Diener der Jukhav tritt aus den
Schatten, hüllt das Opfer in ein rotes Tuch und trägt es fort, während Areel
beginnt, seine Wunde zu versorgen. Doch fast augenblicklich übermannen ihn
Visionen. Bilder seine Verstorbenen Halbschwester, den Orten die sie gemeinsam
mit den anderen Helden besucht hat, und eine Flut aus kryptischen Eindrücken
erfüllen seinen Geist, als die Geister und das Vremlouir dem Kriegspriester ihr
Wohlwollen aussprechen. Er ist nun auch bereit, das Derbregen Ghastauk Everen zu
wagen.
Die anderen Helden
verbringen die Tage unterschiedlich. Alviss geht seinem gelernten Beruf nach
und ermittelt gegen den Alchemistenladen von Laro Fork. Er kann einige
Verstrickungen mit dem roten Magiern von Thay feststellen, aber
ärgerlicherweise ist nichts davon technisch gesehen illegal, vor allem wegen
dem derzeit von beiden Seiten eher halbherzig aber doch eingehaltenen
Friedensabkommen. Sirasi versucht unterdessen, das Volk näher kennen zu lernen,
um die Stimmung in ihrer Stadt besser einschätzen zu können, und geht auf
offizielle Mission durch den Ort. Das Volk ist etwas eingeschüchtert davon,
einer Wychlaran so nahe zu kommen, aber insgesamt ist die Mission ein Erfolg,
und man ist ingesamt glücklich, dass die Herrscherin ab und an ein offenes Ohr
für den Einzelnen hat. Eher unabsichtlich kommt die Hexe so auch den
halbgeheimen Fördermaßnahmen von Alviss auf die Spur, und ruft ihn zu einer
dringlichen Audienz zu sich, wo sie ihm fast komplett höflich erklärt, warum
sie in Zukunft über solche Dinge informiert sein will, was Alviss einsieht,
zumindest laut eigenen Aussagen. Kyrol nutzt die Zeit, um nochmal ordentlich
einen drauf zu machen, und verbringt die ersten beiden Tage mit Feier, Tanz und
Gesang, und die nächsten beiden mit gepflegter Erholung. Aline und Dunlan
Blutaxt hängen die meiste Zeit gemeinsam herum und besprechen militärische
Belange wie die Befestigungen der Stadt, mögliche Außenposten, den Zustand der
Miliz, und andere militärisch-bürokratische Dinge. Alle, außer Areel, fühlen
sich ab und an beobachtet, können aber allesamt nicht so wirklich herausfinden
wer oder was sie da bespitzelt. Weder schurkischer Scharfsinn noch magische
Rituale finden mehr heraus, also wird das Ganze geistig vermerkt und man macht
weiter wie gehabt.
Am 22.04. beginnt dann das
schicksalshafte Ritual. Die alte Geistergelehrte wartet am Abend in ihrem mit
Ritualgegenständen vollgestopften Haus, und hat ein Feuer in den Augen, wie es
seit ihrer Jugend wohl nicht mehr zu sehen war. Sie weist die Helden mit leicht
hektischen Bewegungen an, Stellung zu beziehen, und kaum dass diese getan haben
wie ihnen geheißen beginnt sie ihre Macht zu kanalisieren. Von unsichtbaren
Geisterdienern emporgehalten schwebt sie scheinbar mitten im Raum und redet in
Zungen (die sich bei genauem Hinhören als schwer akzentbehaftetes Rashemi
herausstellen), dabei tatkräftig vom Schatten ihres Ehemannes unterstützt.
Alviss hastet im Ritualkreis umher, zündet Weihrauch an, streut mystische Salze
und streicht Tinkturen auf Idole. Areel bringt in der richtigen Reihenfolge die
Kräuteropfer an die Theltors dar, nachdem seine Ahnen und Geisterheimsuchungen
ein paar Tipps gegeben haben. Sirasi und Arinar vollführen arkane Gesten, wobei
ihre Hände teilweise verschwimmen oder farbenfrohe Nachbilder in der Luft
hinterlassen, welche die Gesten weiter vollführen. Daek, Aline und Kyrol stehen
möglichst nicht im Weg.
Die Vorbereitungen sind
vorbei, und das eigentliche Ritual nimmt im selben Maße wie der Gesang der
Alten an Fahrt auf. Norghauw der Erztheltor, der bei der Erschaffung des
Vremlouir zugegen war, wird auf die Beschwörungen aufmerksam, und in Gestalt
eines gewaltigen weißen Mammuts rast er durch die Geisterwelt von Rashemen und
den Ländern darüber hinaus, immer wieder mit wahnwitziger Geschwindigkeit durch
den Ritualraum in Nathoud fegend wie ein geisterhafter Komet. Arinar, Alviss
und Areel intonieren die richtigen religiösen Anrufungen mit unterschiedlich
schönem Gesang, der Rest summt brav mit oder macht in einem Fall rhythmische
Leibesübungen. Ein Wirbelsturm aus Magie erscheint, erfüllt von und erschaffen
aus Theltors. Das Vremlouir wird von dem Wirbel emporgehoben, und Seiten, viel
mehr Seiten als jemals zuvor, tun sich auf und rascheln im Licht der Kerzen,
die plötzlich blassblau aufflammen, wie Fanale der Seelen.
Die Geschichte des
Vremlouir findet ein weiteres Mal vor den Augen aller statt, und die Helden
sehen viel bekanntes, aber auch sehr viel neues, was die gesamte Geschichte des
Artefakts und des Landes, an das es gebunden ist, neu erscheinen lässt. Das
Vremlouir wurde vom Raumathargelehrten Faundan Medor, dem Ur-Telthor Norghauw,
und dem Auserwählten Mystryls, Istugal erschaffen. Im Jahre -158, zur Zeit, als
der Dämonenlord Kostchtchie und seine Riesen gegen die alten weißen Wyrme und die
Raumathari in den nördlichen Gebirgen um die Vorherrschaft kämpften. Es sollte
einerseits den jahrhundertelangen Krieg zwischen den Nar und den Rhaumatari
beschreiben, und andererseits das Fortbestehen der Rhaumatari bei einer
Niederlage sichern. So viel war bekannt. Doch das Ritual offenbart die wahre
Geschichte der Raumathari zur Zeit des „Großen Brennens“.
Um Kostchtchie und seine
Riesen zu vertreiben, bedienten sich die alten Rhaumatari noch älterer Magie
aus dem vergangenen Imaskar, um mächtige Konstrukte zu erschaffen, welche mit
Leichtigkeit Schwärme an Dämonen und ganze Riesenclans auslöschen konnten,
sowie Portale, um diese Konstrukte überall dort, wo sie gebraucht wurden, in
wenigen Herzschlägen an die Front zu bringen. Die Strategie hatte Erfolg, und
die Nation der Nar stand vor dem Fall, als die Heere der Rhaumatari gemeinsam
mit den weißen Wyrmen ihre Hauptstadt Dun Tharos belagerten. Aus gleichen
Teilen Verzweiflung und Zorn vollführten die Nar unter ihrem Nentyarchen das
größte Beschwörungsritual ihrer Geschichte, und holten mit Hilfe der in ihrer
Festungsstadt schwärenden Abgrundzysten den Dämonenlord Eltab, Herr der
verborgenen Ebene in die Welt, um ihn auf ihre Feinde zu hetzen. Sie banden ihn
an die materielle Ebene, und erschufen mehrere Übergänge zu seinem Reich, um
seine Anwesenheit zu festigen.
Soweit die Geschichte, wie
sie im geheimen erzählt und seit Jahrhunderten weitergegeben wurde.
Doch den Helden offenbart
sich ein Geheimnis, das seit Jahrhunderten in den magisch versiegelten Seiten
des Buches schlummerte. Aus dem Portal trat nicht die hochaufragende, mit
Geweihen und einem hundeartigem Kopf gekrönte Gestalt von Eltab, sondern ein
von kurzem, hellblauen Fell überzogenes buckeliges Etwas. Noch größer als Eltab
war es und mit schwarzen, ledrigen Schwingen ausgestattet. Ein peitschender
Schwanz wand sich um die muskulösen Beine der Kreatur, und im mit stechenden
Augen ausgestatten, und von zerfetzen Fledermausohren und einem schwarzen Bart
eingerahmten Gesicht formte ein übergroßes Maul mit viel zu vielen nadelartigen
Zähnen ein verstörendes Grinsen.
Die Dämonologieexperten der
Gruppe schnappen aufgeregt nach Luft. Damals war nicht Eltab durch das Portal
in die Welt getreten, sondern Fraaz`Urbluu, der Dämonenlord der Täuschung! Er
entließ seinen mit seiner Hexegattin Vilhara gezeugten Sohn Tsojkanth in die
Welt, und drängte höchstselbst die Raumathari zurück! Das ändert vieles,
zumindest historisch und soweit es die Ebenen betrifft.
Der Rest der Geschichte
vergeht dann aber wie bekannt. Das Kriegsglück wendete sich komplett, und die
Nar waren kurz davor, mit ihren Dämonenhorden Rhaumatar zu überrennen. In einer
ähnlich verzweifelten Geste wie ihre Feinde beschworen die Rhaumatari ebenfalls
etwas, aber keinen Dämonenlord, sondern einen elementaren Herrscher. Kossuth,
Prinz des Feuers, erschien, und äscherte mit seinen ersten gebrüllten Worten
mehrere Armeen ein. Aber nicht wie gewollt nur die der Nar, sondern
gleichermaßen auch die seiner vermeintlichen Herren. Kossuth sprengte seine Ketten
und verheerte die Ländereien beider Parteien. Mehr als ein Jahrzehnt wütete
er mit seinen Horden aus Aevachar, einem Jahrzehnt in dem beide
Magierreiche fielen, und das meiste ihres Wissens verloren ging, während sich
die Überlebenden beider Reiche in die Wildnis und umliegende Reiche
zerstreuten.
Die Helden sehen Bilder aus
dieser Zeit, doch auch aus der Zeit davor, zuerst den Fall von Winterfeste und
dann den langen Krieg danach, wobei das geistige Auge Szene um Szene immer
weiter nach Osten wandert, dorthin wo sich heute die fernen Ebenen der endlosen
Einöde erstrecken. Inmitten der damals noch fruchtbaren und gezähmten Lande
werden sie Zeuge einer verzweifelten Schlacht an einer Brücke über einen
reißenden Fluss. Sieben Zwerge stehen Schulter an Schulter gegen tausende Nar.
Sie kämpfen verbissen, und hunderte dunkel gerüstete Leichen treiben im Fluss,
doch einer nach dem anderen fällt. Die Helden sind bei den Zwergen, bei den
Nar, sie sind die Zwerge, sie sind die Nar, es passiert viel gleichzeitig und wirkt
im selben Maße eindrucksvoll wie bedeutend, doch geht all das im Chaos der
immer schneller wechselnden Blickwinkel unter.
Der Sturm aus Eindrücken
ebbt ebenfalls ab, und jeder Held ist plötzlich in Dunkelheit, allein aber mit
einem Gefühl der temporären Geborgenheit, wie im Tal am Beginn eines
gefährlichen Aufstiegs. Jeder erhält eine Vision, in der das Vremlouir Macht
gibt, aber auch Prüfungen auferlegt. Die Helden schlagen sich unterschiedlich,
von sehr gut bis eher schlecht, doch dank ihrer Ahnen und ihrer Verbindung zum
Land können alle bestehen. Allen wird zunächst der Geist gestärkt, bei einigen
eher die Weisheit, bei anderen die Intelligenz, und bei einigen das Charisma,
je nachdem, wo das Vremlouir anscheinend Aufholbedarf sieht. Dann stellt das
Buch die letzte Aufgabe. Jeder muss in den verbotenen Sektionen des Artefakts
zumindest eine Seite lesen, um weitere Macht zu erlangen. Wer sich seines
Glücks und seiner Sache sicher ist, liest weiter, bis zu drei Seiten. Das Buch
hat keine Kontrolle darüber, was die Helden sehen. Es könnten mächtige magische
Geheimnisse oder grauenhafte Flüche sein, unermesslicher Reichtum oder ein
Schicksal schlimmer als der Tod.
Sirasi fängt an, und das
erste Geheimnis ist ein in ätherischen Runen geschriebener mächtiger
Zauberspruch, der einmalig die Zeit zurückdrehen kann, um einen Fehler zu
vermeiden. Die nächste Seite zeigt der jungen Hexe nur Schrecken und Qual, die
mit Dornenfingern nach ihr greift. Doch bevor der Fluch ihrer Seele habhaft
werden kann, entlässt Sirasi die gerade gesammelte Magie, und die Gefahr
verstreicht.
Kyrol findet sich in einer
kavernenartigen Halle wieder, wo Hindernisparcours sich zwischen Steinsäulen
erstrecken, die in der Finsternis verschwinden. Ein schattenhafter Lehrer
scheucht ihn durch den Raum, gefühlt für Jahrhunderte, und der Schurke fühlt
sein Geschick noch weiter gesteigert, in ein mehr als übermenschliches Maß. Er
verweigert weitere Seiten, denn obwohl Kyrol nicht zum Misstrauen seiner
Landsleute gegenüber Magie neigt, die Sache kommt sogar ihm viel zu riskant
vor.
Arinar sieht das anders,
und öffnet zielstrebig drei Seiten. Die Erste zeigt ihm zunächst zackige Runen,
in deren Mitte sich ein dunkler Tunnel öffnet, in den Arinars Geist fliegt,
tiefer und tiefer, fern von jedem Licht, bis sich vor ihm in absoluter Dunkelheit
ein gigantisches Auge öffnet, und auf ihn fokussiert. Ein mächtiger Feind ist
auf den Elfen und seine Freunde aufmerksam geworden. Arinar hat kaum Zeit, dass
zu verdauen, bevor er bemerkt, wie alles was er trägt, alle seine Besitztümer,
außer ausreichend mächtige magische Gegenstände, zu rötlichem Staub zerfallen,
inklusive seines Zauberbuchs. So findet sich Arinar dann fast nackt und
erschüttert auf einem Boden aus kaltem Sandstein wieder. Irgendwie weiß er, er
ist nicht allein, und er wird kämpfen müssen, oder sterben. Nach kurzer
Wartezeit kommt eine furchtbare Gestalt aus der Finsternis auf ihn zu. Ein
knorriges, dünngliedriges Ding, viele Meter hoch und mit einem alptraumhaften
Maul, das sich vom Scheitel bis zum Kinn in seinem unförmigen Gesicht öffnet.
Ein Gug! Vage Erinnerungen an Troglodyten aus seinem Geist verbannend zieht
Arinar alle Register seiner ihm momentan noch vollständig zur Verfügung
stehenden Magie. Er erhebt sich in die Lüfte, den langen Klauen des Wesens
knapp entkommend, und beschwört Kreatur um Kreatur. Der Gug kämpft verbissen,
macht sich abwechseln unsichtbar und beschwört seine eigenen magischen Tricks,
doch zwischen mehreren marodierenden Dinosauriern, kampfstarken Archons und
exotischen Reptilien wird das Wesen schließlich aufgerieben und fällt donnernd
zu Boden. Diese Prüfung ist bestanden, und Arinar feiert mit seiner privaten
magischen Menagerie.
Daek ergeht es besser als
Arinar, in einem ähnlichen Raum wie Kyrol steigert auch er seine Fähigkeiten
unter einem mystischen Lehrmeister, etwas an das Daek mit seinem monastischen
Hintergrund wesentlich mehr gewöhnt ist als Kyrol. So vielleicht mit
Selbstvertrauen ausgestattet, öffnet Daek eine weitere Seite. Dort sieht er ein
Bild von einem mächtigen Champion in voller Rüstung und in Waffen, welcher
direkt aus der Seite tritt, sich vor Daek niederkniet, und ihm die Treue
schwört. Er wird in Nathoud warten.
Aline findet sich in einer
staubigen Gruft wieder, die Wände übersäht von Bildern die verschiedene
fremdländisch aussehende Leute beim Verrichten von landwirtschaftlichen
Arbeiten zeigen. Die Darstellungen sind sehr kunstvoll, und die ehemalige
Bäuerin verliert sich etwas in den Details, bis sie hinter sich einen dumpfen
Knall vernimmt. Aline wirbelt auf dem Absatz herum, das Schwert schon in der
Hand, und sieht am Boden den reich verzierten Deckel eines Sarkophags liegen,
dahinter ein paar in Bandagen gewickelte Füße. Ihr Blick wandert empor an
vertrockneten, mit kostbaren Amuletten und Ringen verzierten Gliedmaßen zu
einer goldenen Maske, hinter deren Augenlöcher zwei kleine rote Punkte aus
Licht flackern. Das Wesen, ein Mumienlord, starrt der Kriegerin bis in die
Seele und paralysiert sie. Dann stapft er steifgliedrig aber irgendwie lässig
hinüber, legt seine Hände um ihren Hals und drückt mit unheiliger Macht so fest
zu wie er kann. Zu seiner (und Alines) Überraschung kann sie dem Tod entrinnen,
die Starre abschütteln, und den Kampf fortsetzen. Nach langem, zähen Ringen
geht der konservierte König in Stücke gehackt und mit einem heiseren Fauchen zu
Boden. Doch noch ist Aline keine Pause vergönnt, aus den Überresten steigt
schwarzer Rauch auf, der sich zu einer vage humanoiden Schattengestalt
verdichtet, welche sofort zum Angriff übergeht. Dieses Wesen, ein
Todesgespenst, verlangt ihr einiges ab, und mehrmals verlässt sie fast die
Kraft, als der Untote an ihrer Seele reißt und ihre Lebensenergie raubt. Doch
ihr magisches, dem Guten geweihtes Arsenal, und ein gewisses Maß reiner
Sturheit, obsiegen schlussendlich, und das Wesenvergeht zu reinem Licht.
Areel sieht sich
unterdessen auf einer Ebene aus grauem Sand unter einem pechschwarzen,
sternenlosen Himmel einem ähnlichen Gegner gegenüber. Er erkennt was ihn da
angreift, und er ist sich grimmig bewusst, was ihm droht, sollte er versagen.
Diejenigen, die von Todesgespenstern erschlagen werden, kehren selbst als
Schattengestalten zurück, verdammt jenseits aller außer der mächtigsten
Heilmagie. Manche sagen sogar, nur die Götter selbst könnten so jemanden wieder
ins Leben zurückholen. Der Aasimar packt seinen Flegel fester und geht zum
Angriff über. Was folgt ist ein titanisches Ringen der Mächte, dass zum
Schrecken von Areel der Geist schnell beginnt, für sich zu entscheiden. Der
Flegel wirbelt immer schwächer, die Rüstung liegt wie Blei an seinem Körper,
und irgendwann wird er gewahr, dass Panik seinen Geist umwölkt hatte. Er hatte
kaum auf seine magischen Fähigkeiten zurückgegriffen, wo diese doch einiges
parat hätten, was exakt gegen solche Wesen effektiv ist. Hastig hüllt er sich in
heiliges Feuer, beschwört reinigende Flammen und versucht sich verzweifelt an
seine Seele zu klammern, doch zu spät. Mit einer unwirschen Handbewegung reißt
der Geist Areel die Waffe aus den erschlaffenden Händen, zieht ihn zu sich und
saugt seine Seele in einen Strudel aus Wahnsinn, Tod und ewiger Knechtschaft.
Areel, der Kriegspriester, ist verloren.
Alviss der Ermittler steht
unterdessen in einem Raum mit einer kleinen Truhe. Er öffnet sie und findet
einen Edelstein, so groß wie der Kopf eines Kleinkindes, der ihn anfunkelt. Er
nimmt den Stein in die Hand und findet darunter ein reich verziertes Etui, in
dem er ein sehr offiziell wirkendes Dokument findet, laut dem er der Inhaber
einer nicht unwesentlichen Feste ist, die am Rand von Nathoud steht. Alviss
runzelt kurz die Stirn, von der Feste hat er noch nie etwas gehört. Doch dann
weiß er, gestern war sie noch nicht da, heute hat es sie schon immer gegeben.
Mit einem Grinsen lehnt Alviss die weiteren Geheimnisse des Vremlouir ab,
irgendeine Eingebung sagt ihm, dass es frech, nein, geradezu anmaßend und an
der Grenze zu Hybris wäre, sein Glück weiter zu strapazieren.
Mit einem Mal sind alle
sich des Buches gewahr, dessen Seiten wie wild hin und her blättern. Einige der
finsteren Seiten verschwinden, andere Seiten erscheinen, ganze Kapitel
strukturieren sich um, werden dicker oder dünner, und über allem knistert die
kaum kontrollierbare Energie der alten Tage. Mit einem plötzlichen brutalen
Ruck, der allen durch Mark, Bein und Seele geht, findet sich die Gruppe wieder
zusammen. Den Helden könnte es nicht unterschiedlicher ergangen sein. Während
Alviss grinst wie ein erfolgreicher Krämer, Sirasi sich kaum verändert hat, bis
auf einen Gesichtsausdruck der noch säuerlicher ist als normal in einem Kampf,
und Kyrol wie Daek abgekämpft, aber bereit wirken, so stützt sich Aline
keuchend auf ihr Schwert, und kann die zitternden Glieder kaum halten. Arinar
ist aus nicht sofort erklärbaren Gründen nackt und auch sonst eher geschunden,
aber die Abwesenheit von Areel fällt allen am meisten auf. Ein ungutes und sehr
endgültiges Gefühl beschleicht die Helden, die Familie Silberspeer ist wohl
nicht vom Glück verfolgt.
Doch sämtliche Gedanken an
Trauer müssen auf ein anderes Mal verschoben werden, denn ein finsteres, aus
allen Richtungen gleichzeitig kommendes Lachen erinnert die Helden, dass sie
nicht zurück in Nathoud sind. Um sie herum blubbert Lava aus dem Boden,
gelblich-graue Irrlichter treiben auf dem heißen Wind, und Blitze zucken
irgendwo im von Wolken verhangenen Himmel. Alles ist erfüllt von einem
schmutzig-schummrigen Licht, und unheilvolle Schatten tanzen durch den dichten
Nebel, der die Sicht auf einen mehrere Dutzend Fuß großen Kreis um die Helden
beschränkt.
Was auch immer das
Derbregen Ghastauk Everen noch bringt, es ist noch lange nicht vorbei.
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