Sunday, July 28, 2024

Von Brückensperren, Ablenkungsangriffen, den Gefahren des Glücksspiels und langen langen Fußmärschen.

 Tag 25 in Dis (Session vom 22.07.2024)

Die Situation auf der Brücke beginnt sich, vorhersehbarerweise, rapide zugunsten der Legionen von Dis zu drehen. Aus der meilenhohen Mauer dezimieren infernalische Kriegsmaschinen die Invasoren, während disziplinierte Merregon-Phalangen geifernde Tanari’ri in kurzen, hitzigen Gefechten niedermachen, oder über den Rand der Brücke in den Lavafluss treiben, wo sie entweder vergehen oder von im flüssigen Gestein treibenden Konstrukten verschluckt werden.

Just ein solches betrachtet Sirasi, während rund um sie die letzten Reste der Schlacht verebben, als ihre magischen Sinne sie auf Barrierezauber aufmerksam machen, die auf Gefährten einige hundert Meter den Fluss hinunter liegen. Gegen die gigantische Mauer und den Fluss sehen sie aus wie Nussschalen, doch ist jedes von ihnen eine größere Barke, angetrieben von Dämonen, zwischen denen die scharfen Hexenaugen eindeutig einige tätowierte Glatzen ausmachen. Rote Magier von Thay, natürlich sind die intriganten Bastarde in diesen Angriff verstrickt. Das Bedürfnis Tsojcanth und Fraz-Urb’luu zu dienen lässt sie alle Register ziehen, wie es scheint. Während Sirasi über diese neue Entwicklung sinniert, treibt der wieder einmal wundersam erschienene Ulgan die restlichen Helden an, Dylariel zu helfen die Dämonen zu vertreiben. Ohne Kontext nehmen alle an, dass wäre wohl der Archon, der mit Ulgan erschienen ist und gerade mit voller Flügelkraft gegen den Feind stürmt. Alviss kann dank Flugzauber problemlos mithalten, Kyrol ist mittels magischem Amulett knapp hinter ihm. Der Ermittler und ein Vrock balgen sich in der Luft, doch das Wesen ist schon geschwächt vom Ansturm des Archons, und kann nur kurz standhalten, bevor sein hässlicher Kopf auf einem triumphierend emporgehaltenen Rapier steckt, nur um nach einigen Herzschläge wie Wachs zu zerfließen und sich in nichts aufzulösen.

In wenigen Augenblicken sind die letzten Dämonen vertrieben, und der Archon schwebt sanft gegen Boden, seine himmlische Präsenz ein harter Kontrast zur Hölle rund um sich. Er stellt sich als der vorher genannte Dylariel vor, während das Kopfsteinpflaster sich um seine Sandalen kräuselt, als wolle es vor ihm fliehen. Er habe nicht viel Zeit, was allen Anwesenden klar ist, ein Archon in Dis ist wie ein Fuchs auf einem Jägerball. Geschickt wurde er von Oghma persönlich, um die Helden zu warnen, dass die roten Magier diesen selbstmörderischen Angriff auf Dis angezettelt haben, und zwar nicht primär als Anschlag auf die Helden, deren Tod zwar willkommen wäre, deren Fähigkeiten die roten Magier aber mittlerweile auch halbwegs respektieren. Der Hauptsinn der Aktion war, als Ablenkung zu dienen, um mehrere Gruppen Magier ins Oppidanlabyrinth einzuschleusen, und den Helden zuvorzukommen. So viel nahm Sirasi bereits in dem Moment an, als sie die Barken flussabwärts gesehen hat, aber Bestätigung schadet nicht.

Doch eine wahre Neuigkeit hat der Archon auch. Zwei Seelen die Oghma zustehen würden, haben ihren Weg nicht zu ihm gefunden. Vrylls Seele befindet sich im Artefakt namens Vremlouir Awatvoh, worauf Buchvryll sich auch prompt in Alviss Kopf meldet und ein paar Kommentare zum Geschehen abgibt, die der Ermittler versucht auszublenden, denn das Engelswesen fährt fort: Auch die Seele von Daek Aschemantel, Faust von Oghma, hat ihren Weg nicht in die Hallen des Wissens gefunden. Was genau geschehen ist weiß der Archon nicht, aber die Seele des Mönchs ist hier, in Dis. Auch gibt es hier in Dis einige mächtige Parteien, die den Helden Erfolg wünschen, und sie unterstützen wollen. Es läge auch im besten Interesse der Helden, ein mögliches Angebot dieser ominösen Parteien anzunehmen, vielleicht auch um Daeks Seele zu retten. Das ein Engel, von allen Wesen, eine Allianz, egal wie oberflächlich, mit infernalischen Mächten vorschlägt, entsetzt Arinar zutiefst. Er zweifelt die Präsenz und Wesenheit des Engels an, und wirft ihm entgegen, dass der Zweck niemals solche Mittel heiligen kann.

Die flammende Ansprache verklingt nach den ersten paar Worten, denn Arinar merkt, dass das himmlische Wesen vor ihm pointiert über seine Schulter schaut, was dem fast zwei Köpfe größeren Archon recht leicht fällt. Hinter Arinar haben seine Gefährten verschiedene Versionen ihrer besten Pokerfaces aufgesetzt, bis auf Ulgan, der recht auffällig pfeift. Arinar wiederholt seine Ermahnung, dass der Zweck doch nicht die Mittel heiligt, was Arkami ein etwas gequältes Grinsen entlockt, während von unter Sirasis geschnitzter Maske ein Räuspern ertönt. Kyrol meint recht platt, dass dies oft sehr wohl der Fall wäre, und Alviss pflichtet ihm bei, dass gerade bei den Rashemenforschern Pragmatismus oft Idealismus übertrumpft, und sie so weit gebracht hat. Eine Aussage, die angesichts der Umgebung sehr mannigfaltig gedeutet werden kann. Der Elfenbeschwörer ist zwar pikiert, tröstet sich aber damit, dass er sich die genaueren theologischen Implikationen ins Gedächtnis ruft, wonach ein Engel von Oghma durchaus auch eine eher neutrale Gesinnung haben kann, angesichts seiner Gottheit. Nicht einmal die Himmel entsprechen mehr ordentlichen moralischen Standards, denkt sich Arinar, während der Archon sein silbernes Zweihandschwert wieder zu einer Trompete werden lässt, und sich öfters umsieht, während er betont gelassen fragt, ob es noch eine letzte Frage gibt. Als das verneint wird, überreicht er als letzte Geste Alviss einen magischen Beutel, der ein Vermögen in Edelsteinen enthält, als Geste der Unterstützung durch die Himmel. Dann versichert er, dass er zumindest eine Weile in einer dimensionell nahen Halbebene verweilen wird, bevor er in einer Fontäne silbernen Lichts dematerialisiert, und nur einen Fleck auffällig sauberes Kopfsteinpflaster zurücklässt.

Nach diesem religiösen Zwischenfall und einer erneuten Sondierung des moralischen Kompass der Gruppe plaudern einige Helden mit Ulgan über seine wundersame Wiederkehr, während die arkan versierten Helden die zurückgebliebene dämonische Ausrüstung sondieren, um sich die Zeit zu vertreiben bevor unweigerlich jemand kommt und nachsieht, ob hier noch Dämonen sind. An dieser Stelle abzuwarten erscheint den Helden sicherer als schwer bewaffnet in Richtung des Walls zu marschieren, wo noch immer Teufel herumschwirren wie Ameisen, deren Nest gestört wurde. Nach einer Weile erscheint auch eine Patrouille mit mehreren Teufeln, angeführt von einem Gelugon (?? Da bin ich mir nicht mehr sicher, wars ein Ice Devil oder ein Horned Devil?) die wissen wollen auf welcher Seite diese niederen Sterblichen sind. Alviss präsentiert sein langes scharfes Teil, auf dessen Klinge noch immer Dämonenblut klebt, dieses wird abgeleckt, für echt befunden, und wohlwollend aufgenommen.

Jetzt wo klar ist, dass man auf derselben Seite ist, so Marke „Feind meines Feindes“, kommt man ins Plaudern. Der Teufel fragt nach woher die Reisenden sind. Faerun also, ach so, das kennt er, da war er vor 321 Jahren in einem Krieg, damals hat ihn ein Gnomenmagier gebannt. Ob man den kennt? Nein? Oh. Na gut. So geht es etwas langatmig dahin, der Teufel trifft wohl nicht oft Sterbliche und hat sonst nichts mehr zu tun heute, und vermutlich morgen, die Brücke ist gesperrt bis der Zwischenfall geklärt ist, also mindestens bis morgen, vielleicht länger. Großinquisitor Sephor muss erst klären was los war, Leute befragen, Schuldige und Unschuldige foltern, sowas eben, kennt man, dass Dämonen in Dis angreifen passiert nicht so oft, und meistens sind Sterbliche dran schuld, wenn man ihn fragt.

Sirasi und Kyrol stacheln Alviss dazu an, dem gelangweilten Teufelswachmann zu petzen, dass man rote Magier gesehen hat, und dass die sicher Schuld sind. Alviss seufzt und teilt es dem infernalischen Exekutivbeamten mit, den das tatsächlich interessiert, und der Alviss Zeugenaussage aufnimmt, komplett mit mehrfacher Unterschrift und bitte sich der Befragung durch Sephor, zu stellen. Das schmeckt Alviss weniger, aber gut, getan ist getan, man wird sich in einem nahen Gasthof finden, was gibt es denn hier in der Nähe so?

Es gibt einerseits die Untiefen der schreienden Seelen, ein Gasthof nebst Hotel, dass 36 Stockwerke in die Tiefe geht, und dessen Personal eben teilweise aus den Seelen der Verdammten besteht. Die Zimmer sind luxuriöser je tiefer man geht, aber auch gefährlicher. Die Alternative ist ein Lokal, dessen Personal komplett aus Lemuren besteht, die dauernd vor sich hinjammern. Die Untiefen der schreienden Seelen klingen plötzlich sehr sympathisch.

Dort angekommen entpuppt sich der Inhaber des von außen eher schlicht gehaltenen überirdisch einstöckigen Baus als infernalischer Oger, der außerordentlich intelligent ist, und zwar insgesamt, nicht nur für einen Oger. Er hat gehört, dass die Brücke gesperrt wurde, und erhöht gleich einmal die Preise, bis Alviss den Inquisitor ins Spiel bringt, der ihn aufsuchen wird. Eine kleine Lügengeschichte über die Tiefe der Verbindung zwischen den Rashemenforschern und Sephor später zahlen die Helden nach wie vor gepfefferte Preise, aber wenigstens sind sie nicht künstlich überhöht. Ein großes Zimmer im 17 Untergeschoss wird ausgehandelt, man fährt per Skelettaufzug eine gigantische Wirbelsäule hinab und macht es sich bequem.

Da unmittelbar nichts anderes ansteht, entschließen sich alle sich die Zeit zu vertreiben. Alviss besucht die örtliche Geisterbahn, die dank verlorener Seelen tatsächlich zu einem Horrortrip wird. Einige der verlorenen Seelen haben herzzerreißende Geschichten über ihr grausames Schicksal, andere geben ganz stolz mit Gräueltaten an. Insgesamt eine erschütternde Erfahrung, die Alviss abgebrühte Abenteurerseele unbeschadet übersteht.

Er denkt trotzdem öfter an die ärmeren Seelen, und lenkt sich dadurch ab, dass er nach Informationen über das Labyrinth sucht. Sirasi wird unruhig, und will unbedingt nach Informationen über den Verbleib von Daeks Seele suchen, was angesichts einer quasi unendlichen Stadt eher schwer wird, aber Arinar schließt sich ihr trotzdem an. Leider finden sie wenig heraus, trotz Befragung der Anwesenden Menagerie aus höllischen und planaren Reisenden, zu obskur ist dieser Aschemantel. Alviss hat etwas mehr Glück, wobei er auch Dinge lernt, die ihn wenig freuen. Sephor ist ein Osyluth, ein Bone Devil, der direkt unter Dispater, dem Herrscher von Dis, arbeitet. Er hat dessen besonderes Wohlwollen und liebt seinen Posten so sehr, dass er schon mehrfach eine Beförderung in eine höhere Form Teufel abgelehnt hat. Sonst hört er viel Tratsch.

Die Brückensperren passieren öfter, und der Inhaber der Untiefen ist oft überraschend gut informiert darüber, vielleicht hat er damit zu tun, vielleicht sind das nur gute Ausreden um seine Preise zu erhöhen. Das Oppidanlabyrinth ist an sich sicherer als die Slums außerhalb der Mauer, aber die Gefahr für die Seele ist höher. Alles, von der Art wie die sich windenden Straßen angeordnet sind, darüber wie die teils meilenhohen Türme sich erhaben und zur Verschmutzung der Luft durch Feuer und Industrie, bis zu dem andauernden Gejammer verlorener Seelen in den Verliesen und den Straßen, die durch eiserne Gitter empordringen, nagt an der Seele des Besuchers und belegt ihn mit einer einzigartigen Seelenqual, die über längere Zeit selbst die resolutesten Sterblichen in die Knie zwingt. Es findet sich aber auch einiges an Potential, unter anderem befindet sich dort auch der Bazaar der Seelen, welcher einer der größten und freisten Märkte der Ebenen ist. Alles was käuflich ist, durch Geld durch Ware oder durch unsterbliche Seelen, es kann dort gekauft werden.

All diese Informationen teilt Alviss seinen Gefährten mit, bevor man sich auf das Zimmer zurückzieht und eine erfreulich ruhige Nacht verbringt, nur vage gestört durch das leise Gesäusel der Seelen in den Wänden.

 Tag 26 in Dis

Die Brücke ist nach wie vor gesperrt, aber die Bewachung ist verhältnismäßig leicht, zwei Reihen Teufel und eine prismatische Wand. Einige Einheimischer deuten das als Zeichen, dass die Sperre bald vorbei ist, aber wer vertraut einem Teufel? Angesichts der Menge an Händlern die „absolut sichere“ Portale ins innere des Walls anbieten ist die Antwort vielleicht „niemand dem etwas an seinem Leben liegt“. Intrige und Geschäftemacherei sind das Lebensblut der eisernen Stadt, etwas das Alviss nur zu gut weiß. Sein am Vorabend aufgebautes Netzwerk an Informanten kommt mit Ergebnissen zu ihm, ein Vampir namens Salazar hält in den Untiefen Hof, und er hat Informationen über die Halle der 100 Flammen. Er ist aber auch höchst gefährlich. Alviss überdenkt seine Möglichkeiten, während der Rest der Gruppe bei einem eigentlich sehr guten Frühstück sitzt, dass vollkommen normal ist, wenn man nicht zu sehr darüber nachdenkt, warum das Besteck und die Teller aus Knochen geschnitzt sind, und woher diese Knochen stammen.

Arkami kann an diesem Tag in einem von einem Janni geführten Laden ein Schnäppchen aufsammeln, dass so verdächtig günstig ist, dass Sirasi es durchleuchtet, aber sie erkennt keine Flüche oder andere Gemeinheiten. Während sie aber im geräumigen Schankraum über dem Gegenstand brütet, werden ihre Betrachtungen von drei sehr nervtötenden jammernden Elfen gestört, die sie unbedingt für ihre Sache rekrutieren wollen. Sie stammen aus der Welt Graufalke, und sie haben eine Mission, oh so eine wichtige Mission, für die Prinzessin, ja, die Prinzessin, oh es ist so wichtig und so eine gute Gelegenheit! Sirasi willigt ein, sich die Sache näher anzuhören, und sei es nur, damit die drei endlich still sind.

Während Sirasi von den spitzohrigen Jammerlappen zugetextet wird, hat Alviss sich, ohne den anderen Bescheid zu geben, entschieden Salazar zu treffen. Zwei extrem bleiche Kinder erscheinen geräuschlos an seinem Tisch und führen ihn tiefer in den Gasthof, auf dem Weg geben sie ihm noch ein Passwort, dass er nennen soll, bevor er den Vorhang zum inneren Sanktum von Salazar beiseite zieht. Tut er das nicht, droht ihm schlimme Gefahr. Vor dem Zimmer angekommen nimmt der Ermittler seinen Mut zusammen und tritt zuerst ein, und dann nach nennen des Passworts durch den Vorhang. Das Zimmer dahinter ist düster, und ringsum mit den Utensilien und Requisiten eines absolut stereotypen Fürsts der Finsternis ausgestattet, von genug Samt um einen kompletten Hofstaat an der Schwertküste einzukleiden, mehr Klingen und eisernen Spitzen als Dekoration als eine gesamte Orkhorde aufbringen kann, bis hin zu den an die Wände geketteten, leise um Gnade oder Erlösung flehenden Gefangenen, deren Hälse und Gliedmaßen Spuren von häufigem Blutlassen tragen. Salazar selbst ist eine zutiefst hässliche Gestalt, mit kahlem Haupt, langen spitzen Ohren, einem ebenso spitzen Gesicht, einer Hakennase, buschigen Augenbrauen und Zähnen, die mehr an ein Nagetier erinnern als an einen Vampir. Ein Nosferatu, schlussfolgert Alviss sofort, eine urtümliche Form von Vampir. Das Wesen vor ihm ist sicherlich älter als einige Berge auf Faerun, und zutiefst böse.

Wie um das sofort nicht nur zu bestätigen, sondern auch gleich auf die Spitze zu treiben, erhebt sich das dürre Wesen aus seinem thronartigen Stuhl am anderen Ende des Zimmers, und starrt Alviss aus seinen blutunterlaufenen Augen an. Augenblicklich rast dem Halbelf der Puls, hämmernde Kopfschmerzen zucken durch seinen Schädel, und seine Gliedmaßen versteifen sich, als der Vampir versucht, ihm seinen Willen aufzuzwingen. Alviss zieht instinktiv und blitzschnell alle magischen Register die ihm zur Verfügung stehen, und wirft die versuchte Beherrschung ab, was Salazar ein wütendes Zischen entlockt, in dem doch auch etwas mitschwingt, was fast Anerkennung sein könnte.

Der Nosferatu geht gewichtig zu seinem Thron, lässt sich hineinfallen, und gebietet Alviss, sich zu ihm an den Tisch zu setzen. Auf dem Weg dorthin fallen den scharfen Ermittlersinnen mehrere in den Schatten lauernde Gestalten auf, wohl die Leibwachen des Nosferatu. Nach kurzem Gespräch eröffnet er, dass er sehr wohl Informationen hätte, jaja, aber sie hätten einen Preis. In Blut. Seinem Blut. Alviss willigt ein, stellt aber selbst die Bedingung, dass er das Blut in einem Kelch darbieten wird. Eine Bedingung die der Nosferatu mit ärgerlich blitzenden Augen annimmt, zu gerne hätte er sich freimütig bedient. Mit einem fahrigen Wink holt er einen seiner Diener aus den Schatten, der einen reich verzierten Kristallkelch auf den Tisch stellt und sich wieder zurückzieht, ohne Alviss oder Salazar jemals anzusehen.

Ein schneller Streich mit dem Dolch über den Unterarm, und schon rinnt der hellrote Lebenssaft in den Kelch, ein Prozess den Salazar beobachtet wie eine Katze eine Maus. Das Gefäß ist bald nach Alviss meinen ausreichend gefüllt, und noch bevor er die Wunde mit einem knappen Heilspruch schließt, schnellen zwei bleiche, krallenartige Hände hervor und reißen die ersehnte Mahlzeit an sich. Der Nosferatu schlürft schamlos und unordentlich, das Blut rinnt sein Kinn herunter und tropft auf den Kragen seinen Rüschenhemdes, wo schon unzählige alte Flecken zu erahnen sind. Nach einigen gefühlt endlosen Minuten, untermalt von ekelhaften Schlürfgeräuschen, ist die Mahlzeit beendet und Salazar lehnt sich zufrieden zurück, die gröbsten Blutspritzer auf seinen Wangen achtlos mit einem Taschentuch betupfend. Was genau der Halbelf aus Faerun denn bitte in den Hallen der 1000 Flammen wolle, fragt er betont beiläufig. Wissen, erwidert Alviss, und nicht mehr. Salazar entkommt ein Geräusch, als würde man ein Kaninchen erwürgen, was wohl ein Glucksen der Belustigung war. Der Preis wurde bezahlt, und das Wesen erzählt, was es weiß.

Die Halle sieht aus wie ein aus schwarzem Stein gebauter Tempel mit dreieckigem Dach und Säulen an all seinen Seiten. Vor jeder der Säulen steht eine Statue eines mächtigen Teufels, in Szene gesetzt von 70 Fuß hohen Flammensäulen. Bewacht wird der einzige Zugang von Panerion und Megaroth, zwei arkanen Golems, welche den Eintritt kassieren. Eintritt erhält man auf einem von drei Wegen. Jeder der Einlass will, bezahlt entweder eine Seelenmünze, schließt einen Vertrag mit den Herren der Golems ab, oder erzählt ihnen ein Geheimnis. Hier führt Salazar kurz aus was damit gemeint ist, das Geheimnis ist natürlich nichts Triviales wie die eigene Lieblingsspeise, nur mächtige Geheimnisse sind etwas wert, wie der Ort eines Geheimgangs, mit dem die Verteidigungen einer Engelsfestung umgangen werden können, oder der wahre Name eines Yugoloths, solche Dinge. Alviss nickt, er hat sich so etwas eigentlich gedacht.

Wenn man Einlass erhält, so gelten in der Bibliothek eigene Gesetze. Physische Gewalt ist absolut verboten, und den Anweisungen der „Bibliothekare“ (hier hebt Salazar ominös seine buschigen Augenbrauen und weigert sich weiter preiszugeben wer oder was diese Wesen sind) ist auf Punkt und Komma Folge zu leisten. Bücher können zur persönlichen Nutzung 6 Stunden oder 6 Tage ausgeborgt werden, dürfen die Bibliothek aber nicht verlassen. Wer in den Hallen übernachten will kann einen vor Ort vorhandenen Zugang zum wandernden Emporium nutzen. Damit ist der Nosferatu am Ende der Zeit angekommen, die man sich für einen Kelch Blut kaufen kann, und entlässt den Ermittler in die vergleichsweise blendende Helligkeit der Gänge draußen.

Als Alviss mit diesen Informationen zurückkehrt, erfährt er, dass sich Sirasi breitschlagen hat lassen den Elfen zu helfen. Ein gewisser Galenas, ein ganz schlimmer Schurke, hat ihrer Prinzessin eine Rute herrschaftlicher Macht entwendet, und versteckt sich damit im wandernden Emporium, das just an diesem Tage einen seiner vielen transdimensionellen Eingänge in der Nähe der Untiefen geöffnet hat. Die anderen sind auch mehr oder weniger bereit zu helfen, und sei es nur als Zeitvertreib, also verlässt man ein Lokal, um in ein anderes zu gehen.

Der Zugang zum Emporium ist ein schimmerndes Portal, welches an einem Brückengeländer schimmert. Eine Menge hat sich eingefunden und es herrscht ein reges Kommen und Gehen. Trotzdem wird jeder Neuzugang vom legendären Besitzer des Emporiums, Mahadi, begrüßt. Mahadi ist großgewachsen, gekleidet in reich bestickte Gewänder in grau, blau, purpur und gold, mit vielen Ringen an seinen acht Fingern, und Ringen in den felligen Ohren. Ein breites Grinsen ziert permanent sein grau-schwarz gestreiftes Tigergesicht, denn Mahadi ist ein Rakshasa. Er steht vor dem Eingang des Emporiums. Jedem Eingang. Überall. Immer. Wie? Oh fragt Mahadi nicht, denn ihr seid willkommen, alle sind willkommen, kommt, erfreut euch an den Waren, habt Spaß, vergesst die Sorgen, aber vergesst nicht eine einzige Regel: Zahlt für alles sofort, mit eurem eigenen Geld, sonst gehört eure Seele Mahadi.

So vorgewarnt betreten die Helden einen wimmelnden Bazaar der trotz allem eine Aura der Entspanntheit und des Friedens ausstrahlt. Gelächter, Gesang und Musik treiben auf der nach exotischen Gewürzen riechenden Luft, und überall plätschern kühlende Brunnen, während eine Vielzahl an Wesen aller Farben, Größen und Formen sich zwischen den Zelten herumtreibt, die natürlich allesamt von innen wesentlich größer sind als von außen.

Ulgan wittert eine Gelegenheit zum Glücksspiel, schnorrt sich von Alviss einen der himmlischen Edelsteine den Dylariel den Abenteurern gegeben hat, und freut sich wie ein Kind im Süßigkeitenladen, als er den Edelstein gegen einen großen Haufen Spielchips tauscht. Er schnappt sich Arinar und walzt zum nächsten Würfeltisch, wo der Elf ihm Glück bringen soll. Der Rest der Truppe schwärmt aus und sich Galenas.

Alviss mischt sich unters Volk und macht seinen Job, mit halbphänomenalen, fast kosmischen Ermittlerfähigkeiten findet er in unter 15 Minuten heraus, wo Galenas zu finden ist (Zelt 4b, das organe/blau gestreifte, Tisch 5, zweiter Stuhl) und sahnt einiges beim Glücksspiel ab, soviel, dass er fast den Auftrag vergisst. Arkami, Sirasi und Kyrol haben so etwas erwartet und an der Bar gewartet.

Im Zelt angekommen erblickt Alviss Galenas, ein schmierig aussehender Typ der wie das Abziehbild eines Abenteurers gekleidet an einem der Tische sitzt und sehr geschickt den unschuldigen unerfahrenen Zocker mimt, komplett mit gesteuerten Pechsträhnen und plötzlichen Glücksanfällen. Und er ist kein Elf. Nein, die Symetrik seiner Ohren im Vergleich zu den Winkeln seiner Augen passt nicht, die Mundwinkel zucken leicht asynchron zum gesprochenen, und die Knochen in den muskulösen Armen passen nicht, so offenbart Alviss Auge schon aus der Distanz. Galenas ist ein Gestaltwandler.

Unterdessen, in Zelt 3a, zocken Ulgan und Arinar. Ulgan lässt Arinar auf die Würfel pusten, weil Elfenatem bringt Glück! Eine Tatsache die in exakt einem eher kleinen Dorf in Rashemen bekannt ist, aber anscheinend stimmt, denn Ulgan gewinnt erstmal einiges an Geld. Arinar hingegen gerät innerhalb von Sekunden in Schwierigkeiten, als er bemerkt, dass er einen schlechten Würfelwurf davon entfernt ist seine Seele zu verlieren. Das ging schnell. Er rettet sich knapp, und ist so weit geläutert, dass er sich von Ulgan mehr Geld pumpt, um nicht sofort in ewiger Knechtschaft zu landen. Ulgan für seinen Teil amüsiert sich prächtig und gewinnt dank Elfenatem einen Batzen Geld, den er und Arinar gleich an der nächsten Bar in Jhuild investieren, denn das wandernde Emporium hat tatsächlich alles, auch Branntwein von der materiellen Ebene.

An einem solchen, gebrannt aus Hollunder und gemischt mit dem Saft eines medizinischen Busches, sippen Sirasi, Alviss, Arkami und Kyrol, während sie überlegen wie man Galenas angeht. Alviss und Sirasi unternehmen einen etwas plumpen Versuch sich bei ihm einzuschmeicheln, was den Meisterzocker sofort misstrauisch macht. Er schmeißt das nächste Spiel, macht den Platz frei und wünscht seinen beiden neuesten Groupies viel Spaß, bevor er sich davonmacht. Galenas ist sehr vorsichtig und auch unauffällig. Er wartet eine Weile vor dem Eingang des Zeltes, ob man ihm folgt, geschickt versteckt zwischen einigen Ständen. Dann schlägt er einen komplexen Kurs durch die Menge ein, komplett unbehelligt. Das Gefühl, dass der Schatten da drüben etwas seltsam fällt, oder dass jemand den breit gebauten Halbdrachentürsteher als Deckung verwendet, ist eben das, ein Gefühl. Nach einer Weile ist er sich sicher, dass ihm niemand folgt, und kehrt zu seinem Hotel zurück, wo er Zimmer 236 betritt und nach einem langen Blick in den Gang die Tür schließt. Hinter der ein temporär unsichtbarer Kyol steht, der ihm die ganze Zeit in kurzem Abstand gefolgt ist und nun zu seinen Freunden zurückkehrt.

Die ganze Bande wird zusammengetrommelt, und man ist sich uncharakteristisch schnell einig ins Zimmer einzubrechen und den Kerl einschlafen zu lassen. Plan B ist, dass Ulgan den Kerl packt und ruhigstellt, ein Plan den der betrunkene Barbar sehr gut findet.

Der Rest der Operation geht reibungslos und schnell von statten. Arinar beschwört eine Wachkreatur, Kyrol zieht sich seine magischen Armschienen an und macht das Schloss schneller fertig als ein Pit Fiend einen Goblin, und die Tür geht auf. Galenas sitzt mit dem Schwert auf den Knien auf seinem Bett und hat kaum Zeit zu registrieren, dass mehrere hundert Kilo Barbar ins Zimmer walzen, bevor er magisch beschleunigt das Bewusstsein verliert. Ulgan wird zurückgepfiffen, Kyrol verschnürt den Kerl, und Arinar meldet sich just hier mit seinem üblichen exzellenten Timing mit angebrachten moralischen Bedenken. Warum die Gruppe denn bitte diesen Elfen einfach so vertraut, und ob nicht vielleicht Galenas das wahre Opfer sei, und so weiter. Alviss sieht Arinars Standpunkt, und die anderen müssen auch zugeben, dass sie recht spontan gehandelt haben. Während sich eine Diskussion anbahnt hat Arkami bereits die magische Tasche des Opfers durchsucht und die Rute gefunden. Sie bietet sich nun an zuerst herauszufinden was Galenas denn bitte wirklich ist.

Es stellt sich heraus, der hier schlummernde Gestaltwandler ist in seiner wahren Form ein Ogermagus, bösartige, mit Riesen verwandte Kreaturen die nach Magie in jeder Form gieren und vor Mord, Raub und Betrug nicht zurückschrecken. Ihre angeborenen Fähigkeiten des Gestaltwandelns sowie der Unsichtbarkeit, dem erschaffen magischer Finsternis und der Fähigkeit sich in Rauchwolken aufzulösen, machen sie zu mächtigen Dieben und Assassinen.

Jetzt ist zumindest festgestellt, dass Galenas nicht der Gute ist. Nach kurzem hin und her wird beschlossen, dass der Tod einer solchen Kreatur wohl kein massiver Verlust für die Ebenen ist, und während Arkami noch nach einem Dolch kramt, etwas zu enthusiastisch wie ihre Freunde meinen, erledigt Kyrol die Kreatur recht emotionslos mit einer Säurekugel. Die Leiche wird samt Gegenständen zurück in die Untiefen gekarrt, wo die Elfen übertrieben überrascht sind, dass der Elf gar keiner ist. Vermutlich sind sie auch keine, mutmaßt Sirasi, aber ein Vertrag ist ein Vertrag. Die Rute wird übergeben, im Gegenzug werden die Helden gut bezahlt, und die Elfen verschwinden samt ihrer moralischen Zweifel im Zwielicht der infernalen Nacht.

Tag 27 bis 34 in Dis

Am nächsten Tag ist die Blockade der Brücke vorbei, und da der Inquisitor weiterhin keine Anstalten macht zu erscheinen, verlassen die Helden das Gasthaus. Ausgeruht und voller Tatendrang nähert sich  die Truppe dem Kontrollpunkt. Beim Näherkommen rutscht Alviss Herz abrupt in die Hose, als er dort nicht nur einen Contract Devil, sondern auch einen Cornugon erblickt, beides hochrangige Offiziere in den infernalischen Heeren, speziell ausgebildet um Fälschungen und Betrug mit der Präzision und Gnadenlosigkeit infernalischer Bluthunde aufzudecken. Bevor sich herausstellt, wie gut Alviss Fälschung wirklich ist, deutet der Cornugon auf einige sich auffällig unauffällig verhaltende Wartende in der Reihe neben den Forschern, die sich unter dem Blick des Contract Devils zu winden beginnen, als dieser mit einem sadistischen Grinsen näher tritt. Übrig bleibt ein Barbazu, der plötzlich und temporär einige Ränge hinaufbefördert wurde. Er nimmt den Passierschein in die Hand, und seine pechschwarzen Augen werden groß, als er sich die Details durchliest, bevor sie glasig werden, als seine Aufmerksamkeitsspanne nach kurzer Zeut ihr Ende erreicht. Mit einem Nicken reicht er die Papiere zurück, tritt mit einer Andeutung einer Verbeugung beiseite und heißt die Reisenden im Ringwall willkommen, während hinter den Helden das meckernde Lachen eines Cornugon und die monoton Paragraphen zitierende Stimme eines Contract Devil ertönen, untermalt von Schmerzensschreien angesichts physischer und psychischer Folter.

Damit beginnt eine lange, und relativ ereignislose Reise. Nach einer zwei Meilen dicken Mauer erstreckt sich überall um die Helden eine urbane Landschaft die genauso gigantisch wie bedrückend ist. Ein teuflischer Prachtbau reiht sich an den nächsten, und alles ist gehalten in schwarzem Stein, schwarzem Eisen und Akzenten aus schwarzem Kristall. Die beklemmenden Boulevards und Seitenstraßen sind gut bewacht und ruhig, die einzige offensichtliche Gefahr sind gelegentliche Wellen aus Lemuren, denen man aber mittlerweile leicht ausweichen kann. Im Vergleich zu den Slums draußen ist es friedlich. Die Atmosphäre ist aber bedrückend ohne Ende, und gerade Arinar kämpft mit der Verzweiflung, die der Ort ausstrahlt. Mit Arkamis Unterstützung wandert er aber missmutig weiter, von Gasthaus zu Gasthaus, zusammen mit seinen Gefährten in den Tiefen des Oppidanlabyrinths, hoffentlich kurz vor ihrem Ziel, der Halle der 1000 Flammen.